· 

Showtanz Ist Liebe?

An mehreren Stellen auf dieser Internetseite, schreibe ich, dass ich seit meiner Jugend tanze. 

In diesem Blogbeitrag nehme ich euch mit auf die Reise meines tänzerischen Schaffens. 

Vor allem geht es, um die Zeit als Showtänzerin im Industrial Gothic Bereich.

Dabei berichte ich von der Zeit als Industrial Showtänzerin. 2010 war dabei eine andere Zeit und Hochphase des Industrials in Deutschland. 

Dabei beleuchte ich tolle Erlebnisse und berichte auch von den negativen Seiten

 

Die Anfänge

Meine tänzerische Reise beginnt in meiner Jugend und einer Tanzschule. 

Allerdings kein klassischer Paartanz, das habe ich zwar später auch mal versucht, aber so richtig warm wurde ich damit nicht. Ich kann heute nur noch einige Grundschritte. 

Begonnen hat die Reise also mit ca. 14 Jahren und dem Video Clip Dance. Später wurde der Kurs zu Dance Mix. Wir haben Liedchoreographien gelernt. Die einzelnen Elemente waren entlehnt aus den verschiedensten Stilrichtungen, z.B. HipHop oder Modern Dance. 

Ich durfte sogar mal ein Jahr Wartezeit zwischen Schule und Tanzschule damit verbringen beim Ballett mitzumachen. Ballett hat mich auch fasziniert und ich bin dankbar für die Möglichkeit, das ich dort einfach mitmachen konnte. 

Choreographien zu lernen und in der Gruppe auszuführen, fand ich echt klasse. 

Und vermisse ich manchmal auch.

Ich bin der Tanzschule treu geblieben, bis ich mit 22 Jahren nach Duisburg gezogen bin. 

Ursprünglich wollte ich dann hier weiter machen, bin aber nicht so richtig warm geworden, mit den mir gebotenen Möglichkeiten damals. 

 

Showtanz

Die ersten Auftritte hatte ich tatsächlich mit der Tanzschule auf Dorffesten. 

Spannender war allerdings die ersten Shows eigenständig mit 18 Jahren. 

Damals habe ich mit einer Freundin ein Showtanz-Duo gebildet und aus dieser Zeit ist auch unser heutiger Name abgeleitet. 
Den damals hießen wir Insanity in Perfektion. Das Insanity haben Borstie und ich damals übernommen, als wir einen Namen für unsere Showgruppe gesucht haben. 

Der Wahnsinn ist mein stetiger Begleiter in einer stets turbulenten Welt. 

 

Die Kollegin und ich waren zusammen in der Oberstufe und waren am Wochenende zusammen feiern. 

Wir haben die Gothic Discos in NRW zusammen unsicher gemacht. 

Irgendwann wurden wir beim Feiern angesprochen, dass wir gut tanzen würden und ob wir nicht Lust hätten, in deren Tanzgruppe mitzumachen. Wir haben einfach ja gesagt. In den darauffolgenden Wochen haben wir uns für unseren ersten Auftritt als Industrial-Tänzer beim Essen-Original 2008 vorbereitet. 

Nach dem Auftritt haben wir uns mit der Truppe ziemlich schnell überschlagen, aber wir haben Blut geleckt und wollten weiter Bühnentänzer sein.

 

Essen-Original 2008
Essen-Original 2008

In den darauffolgenden zwei Jahren waren wir gemeinsam viel unterwegs und haben viel getanzt. 

Während ich diesen Blogartikel schreibe, durchforste ich meine Festplatte nach Fotos aus dieser Zeit. Der Kleidungs- und Tanzstil erscheint einem aus der Entfernung doch manchmal sehr skurril, aber damals fanden wir uns unsagbar cool. 

Es ist ja auch durchaus normal, dass sich Stile im Laufe der Jahre ändern. Vielleicht kann ich euch mit diesen alten Bildern, ja wenigstens ein Lächeln auf das Gesicht zaubern. 

Wir haben uns damals im jugendlichen Leichtsinn auf jeden Fall sehr gefeiert, für das was wir gemacht haben. 

Wir haben uns besonders cool gefühlt, weil wir auf der Bühne getanzt haben. 

Zu zweit haben wir dann verschiedene Sachen ausprobiert. Unsere Shows bestanden meist aus einem Choreographierten Teil und einem improvisierten Tanz. 

Gothika 2009
Gothika 2009

Wir haben uns auch als Bühnentänzerinnen für Bands versucht und waren allen voran einige Konzerte lang mit Extize unterwegs. 

Manchmal haben wir auch für andere Bands getanzt, z.B. Project Rotten. 

Aber am meisten waren wir wohl für Extize unterwegs. Um mit Extize aufzutreten sind wir bis nach Straßburg gefahren. Wir durften aber auch mit zum WGT in Leipzig und zum Amphi Festival in Köln. Beides 2010 und unsere größten Erfolge im Industrial-Showtanz. Und was soll ich sagen, 10 Jahre später? Es war schon cool :-)

und zu den negativen Aspekten kommen wir im nächsten Kapitel.

 

Deswegen lasse ich jetzt erst noch ein paar Bilder von damals sprechen.

Als meine damalige Freundin und ich uns im Studium in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben, war die Freundschaft irgendwann vorbei und damit auch unsere gemeinsamen Auftritte. 

Ein paar kleinere Sachen habe ich danach noch mit anderen Leuten gemacht. Aber eine feste Truppe, die zusammen trainiert, arbeitet und auftritt, hat sich nicht mehr daraus entwickelt und dann war die Hochzeit des Industrials auch zu Ende. 

Tänzerisch habe ich mich persönlich weiter entwickelt und bim im Flowtanz aufgegangen und dort auch wieder zurück auf die Bühne :-)

Das letzte Projekt, das ich in diese Richtung gemacht habe, war mit Borstie. 

Wir haben Genetic Disorder bei einem Videodreh unterstützt. 

Hier könnt ihr das Ergebnis noch sehen:

Die negative Seite

Ich möchte hier aber keine Aufzählung machen, wie cool doch immer alles war. 

Stattdessen möchte ich hier mit Abstand betrachtet auch auf das eingehen, was damit einhergeht, aber einen negativen Beigeschmack hat. 

 

Finanziert habe ich unsere Fahrten (quer durch Deutschland) mit Zeitung austragen. 

Die Industrial Szene war eine kleine Subkultur, viele kleine Konzerte in kleinen Clubs waren dabei.

Finanziell ist dabei wenig bis nichts für uns rumgekommen. In der Regel haben wir für Fahrten drauf gezahlt. Ab und an haben wir eine Aufwandsentschädigung erhalten, die in den Tank geflossen ist. Als Dankeschön gab es meist die CD der Band. 

Bei machen war man reiner Statist, der das eben umsonst gemacht hat. 

Natürlich kann man hier nicht alle über einen Kamm scheren.  

Für das Video oben haben wir zum Beispiel von Echozone ein Riesen Paket CDs bekommen, das war toll damals. 

 

Neben den Tankkosten gab es aber auch die Kosten für die Outfits. Wir haben uns immer neues ausgedacht und auch spezielle Dinge für zum Beispiel Halloween überlegt. 

Meine Kollegin hat unsere Outfits oft selbst umgeändert und mich damit in den Wahnsinn getrieben, das die Outfits erst am Tag der Show fertig wurden. 

Dadurch habe ich für heute zumindest gelernt, das ich immer schon mindestens einmal in den Auftrittsklamotten üben muss. 

Mein Oberteil vom Amphi Festival ist nämlich erst am Tag der Show fertig geworden und hatte dann die dumme Angewohnheit hoch zu rutschen, sodass mein BH dauernd zu sehen war. Hätte man vorher damit trainiert, hätte man das Bündchen enger machen können, sodass es hält ... 

Damals hat es durchaus für Lacher gesorgt, die Nähmaschine mit nach Leipzig zu nehmen, weil das Outfit für die Show noch nicht fertig ist. Natürlich hat man es mit Humor genommen, geärgert hat es mich trotzdem und heute würde ich das niemals mehr machen. 

 

 

Der Umgangston war immer freundlich und freundschaftlich. 

 

Zumindest unter uns ... 

 

2008 hatten wir alle das gleiche Top bei einer Performance an, wir haben das Shirt also drei Mal gekauft, zwei Mal in S und einmal in M für mich. Hämische Kommentare, warum ich den nicht in eine S rein passen würde, inklusive. 

Die Kommentare über das Gewicht und Aussehen ziehen sich auch so ein bisschen durch die Zeit. 

Ich hatte niemals eine XS - war aber doch um einige Kilo leichter als jetzt und sportlich war ich damals auch. 

 

Ich bin im Nachgang sehr froh, dass wir uns damals nicht so mit den Möglichkeiten des Internets auseinander gesetzt haben. Wir hatten zwar einen MySpace Account und dort Bilder und Beiträge gezeigt, aber haben nicht explizit YouTube Videos gedreht und versucht online Persönlichkeiten zu werden. 

Warum ich heute froh darüber bin? Vor allem wegen einer einzigen Kommentarspalte zu einem Auftritt, die ich noch sehr gut in Erinnerung habe. Die Kommentare gingen derbe in die Richtung, dass die beiden fetten Kühe auf der Bühne, das lieber sein lassen sollten. 

Wenn man mit Tanzstil und Klamotten nichts anfangen kann, ok, verstehe ich, war eben auch so eine eigene Subkulturwelt. 

Die Beleidigung über Äußerlichkeiten sind aber noch mal ne andere Nummer. 

Und wenn man so oft hart dafür kritisiert wird, nicht in Größe S rein zu passen, ist das in jungen Jahren nicht unbedingt förderlich für das Selbstbewusstsein. 

Auf der einen Seite haben wir uns also dafür gefeiert wie geil wir sind, weil wir eben all das machen und auf der anderen Seite wurden wir hart dafür runter gemacht, für das was wir machen. 

Arrogant, fett, die Freundlichkeit ist nur Fassade, beliebt wie Fußpilz - nur um ein paar Kommentare zu nennen. 

Die Szene war bei weitem nicht so familiär und freundlich, wie man das bei kleinen Szenen erwartet. 
Stattdessen ewiger Konkurrenzkampf. 

 

Neben den Äußerlichkeiten war der Tanzstil auch nicht jedem genehm. Für den einen ist man zu weich, dann baut man zu viele Elemnte aus anderen Bereichen ein, dann ist man zu gelangweilt, zu hopsig, zu oldschool, zu modern, zu hibbelig - zu alles. 

Heute weiß ich, man kann es nie allen recht machen. Damals war das hart anstrengend und man hat sich versucht für seine Art des Tanzens und der Interpretation von Industial zu rechtfertigen und immer versucht Neues zu machen, zu entdecken und heraus zu stechen.

 

 

Das war jetzt ein Batzen Negativität, aber ich wollte hier nicht einen auf heile Welt machen, wo eigentlich keine ist. 

 

Wenn ich heute darauf zurück blicke, obsiegen definitiv die positiven Erlebnisse. Ich denke gerne daran zurück, was wir erlebt haben, weil wir getanzt haben. Wohin uns das geführt hat und das ich auf dem Amphi und WGT getanzt habe.

 

Vor allem, ist das Feuer in mir für den Bühnentanz dadurch entfacht wurden und dieses Feuer brennt bis heute. 

Der Flowtanz ist eine andere Welt. Sie macht mich freier, lässt mich entfalten und gibt mir mehr Frieden. Deswegen bin ich froh, diese Welt entdeckt zu haben. 

Ich möchte mich nicht selbst profilieren, indem ich tanze, sondern anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. 

Heute möchte ich dadurch einfach meine Liebe zum Tanz mit euch teilen. 

Amphi Festival 2010 mit Mark Benecke
Amphi Festival 2010 mit Mark Benecke

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Anon (Mittwoch, 01 Dezember 2021 15:00)

    Ich schreibe anonym, weil mich doch leider einige kennen. Das bodyshaming war schon wirklich widerlich. Ich kam sehr jung in die Szene und dementsprechend war körperlich noch nicht alles so ausgebildet. Jahrelang hiess es man sei magersüchtig hätte zu wenig brust oder was auch immer. Zeitweise hiess es auch man würde drogen konsumieren um so dünn zu sein. Als man mit 16 zunahm hiess es aufeinmal ständig man sei schwanger-mehrere Jahre ging das. Das schlimmste erlebnis Hatte ich in einem sehr bekanntem shop- ich wollte einen midergürtel kaufen (ich war 15) und wurde von der Besitzerin des ladens damals beleidigt. "für sowas braucht man brüste". Die gute Frau kannte wohl selber den Unterschied zwischen corsett und mider nicht. Andersrum gab es mit der Zunahme die Probleme, dass kaum noch Klamotten passten. Eine xxl groesse glich zeitweise einer m. Katastrophal. Aber dauernd unter diesen bewertenden blicken anderer zu stehen hat mein komplettes selbstbild zerstört. Für meinen eigenen Körper hab ich absolut kein Gefühl mehr. Ich weiss nicht ob ich dick, dünn oder normal bin. Ich würde sagen, dass das alles irgendwie zu einer essstörung führte. Ich hab damals nie gegessen wenn jemand dabei war, auch heute - 16 jahre später - vermeide ich sowas. Tatsächlich und rückblickend waren aber die, die einen beleidigten etc zum großteil frauen. Von Männern hab ich persönlich nie was böses gehört

  • #2

    Sunny (Dienstag, 07 Dezember 2021 07:46)

    Es tut mir sehr leid, was du dir alles anhören musstest. Ich hoffe sehr du findest noch zu dir und deinem gesunden Körpergefühl zurück. Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg.